Verkehrsbezeichnung von Schokoladenerzeugnissen als "rein" oder "nicht rein" ist unzulässig

Nach einer Entscheidung des EuGH vom 25.11.2010 kann auf dem Etikett von Schokoladenerzeugnissen angegeben werden, dass sie ausschließlich Kakaobutter enthalten, vorausgesetzt, dass diese Angabe korrekt, neutral und objektiv ist und der Verbraucher dadurch nicht irregeführt wird.

Italienische Vorschriften lassen Bezeichnung reiner Schokolade zu

Die italienische Regelung sieht vor, dass die Bezeichnung „cioccolato puro“ („reine Schokolade“) den Verkehrsbezeichnungen hinzugefügt oder in sie eingefügt oder auch an einer anderen Stelle des Etiketts von Erzeugnissen, die keine Ersatzfette enthalten, angegeben werden kann, und setzt Geldbußen (von 3000 bis 8000 Euro) für Verstöße gegen diese Regelung fest.

Die Kommission hat beim EuGH eine Vertragsverletzungsklage gegen Italien erhoben und geltend gemacht, dass dieser Mitgliedstaat eine zusätzliche Verkehrsbezeichnung für Schokoladenerzeugnisse eingeführt habe, wonach diese als „rein“ oder „nicht rein“ angesehen werden könnten, was gegen die Richtlinie verstoße und der Rechtsprechung des EuGH zuwiderlaufe. Der Verbraucher müsse durch die Etikettierung und nicht durch die Verwendung einer anderen Verkehrsbezeichnung über das Vorhandensein von Ersatzfetten in Schokolade informiert werden.

Der EuGH weist zunächst darauf hin, dass die Europäische Union eine vollständige Harmonisierung der Verkehrsbezeichnungen von Kakao- und Schokoladeerzeugnissen vorgenommen hat, um die Einheit des Binnenmarktes zu gewährleisten. Diese Verkehrsbezeichnungen sind verbindlich und zugleich den in der Unionsregelung aufgeführten Erzeugnissen vorbehalten. Dann stellt er fest, dass diese Regelung die Verkehrsbezeichnung wie „reine Schokolade“ nicht vorsieht und ihre Einführung durch den nationalen Gesetzgeber nicht erlaubt. Unter diesen Umständen widerspricht die italienische Regelung dem System der Verkehrsbezeichnungen, das durch das Unionsrecht geschaffen wurde.

Italienische doppelte Bezeichnung reiner Schokolade geht über Anforderungen an neutrale und objektive Unterrichtung der Verbraucher hinaus

Außerdem genügt das vom italienischen Gesetzgeber eingeführte System der doppelten Bezeichnung auch insofern nicht den Anforderungen des Unionsrechts, als der Verbraucher über korrekte, neutrale und objektive Informationen verfügen muss, durch die  er nicht irregeführt wird. In der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 16. 1. 2003, BeckEuRS 2003, 277520 – Kommission/Italien) wurde bereits festgestellt, dass der Zusatz von Ersatzfetten zu Kakao- und Schokoladenerzeugnissen, die die von der Unionsregelung vorgeschriebenen Mindestgehalte aufweisen, diese Erzeugnisse nicht so wesentlich verändert, dass sie zu anderen Erzeugnissen würden, und daher eine unterschiedliche Verkehrsbezeichnung nicht rechtfertigt.

Nach der Unionsregelung reicht hingegen eine neutrale und objektive Angabe auf einem anderen Teil des Etiketts, die die Verbraucher darüber informiert, dass das Erzeugnis keine anderen pflanzlichen Fette als Kakaobutter enthält, aus, um eine korrekte Unterrichtung der Verbraucher zu gewährleisten.

Doppelbezeichnungsrecht verletzt Unionsrecht

Folglich kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass die italienische Regelung die Verbraucher dadurch irreführen und somit ihr Recht auf korrekte, neutrale und objektive Informationen beeinträchtigen kann, dass sie die Beibehaltung zweier Kategorien von Verkehrsbezeichnungen ermöglicht, die im Wesentlichen das gleiche Erzeugnis bezeichnen. Demzufolge stellt der Gerichtshof fest, dass Italien gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat (EuGH, Urt. v. 25. 11. 2010 – C-47/09).

Save the Date: Personaltag am 10./11.10.2024

Den Flyer der letztjährigen Veranstaltung finden Sie hier