Übernahme von Fremdanliegerkosten in einem Erschließungsvertrag

Ein Erschließungsvertrag ist nach einem Urteil des BVerwG vom 10.08.2011 nicht schon deshalb unangemessen i. S. von § 124 III 1 BauGB und nichtig, weil sich der Erschließungsunternehmer in dem Vertrag zur Übernahme von Erschließungskosten verpflichtet, die bei öffentlich-rechtlicher Beitragserhebung auf im Erschließungsvertragsgebiet gelegene Grundstücke sog. Fremdanlieger entfielen.

In dem Streitfall hatte sich ein privater Unternehmer gegenüber der klagenden Stadt vertraglich dazu verpflichtet, ein Baugebiet zu erschließen. Der Erschließungsvertrag sah u. a. vor, dass der Unternehmer auch den Anteil der Erschließungskosten tragen sollte, der bei öffentlich-rechtlicher Beitragserhebung auf Grundstücke entfallen würde, die weder der Stadt noch dem Unternehmer gehörten (sog. Fremdanlieger). Nach Durchführung der Erschließungsarbeiten nahm die Stadt den Unternehmer auf Grund einer besonderen Abrechnungsklausel des Vertrages auf Zahlung eines Ausgleichsbetrages in Anspruch.

Das OVG Schleswig hat die Zahlungsklage für unbegründet erklärt, weil der Erschließungsvertrag nichtig sei. Er verstoße gegen das Angemessenheitsgebot des § 123 I 2 SHLVwG, weil der Beklagte im Ergebnis auch mit Kostenanteilen belastet werde, die im Falle einer öffentlich-rechtlichen Beitragserhebung nicht ihm, sondern allein Fremdanliegern auferlegt werden könnten.

Das BVerwG hat diese Auffassung beanstandet. Das OVG lege einen unzutreffenden Maßstab an, weil es den Vertrag an § 123 SHLVwG und nicht an der spezielleren Vorschrift des § 124 BauGB über die Zulässigkeit und den Inhalt von Erschließungsverträgen messe. § 124 II 2 BauGB gestatte es ausdrücklich, dass der Erschließungsunternehmer sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet, die Erschließungskosten ganz oder teilweise zu übernehmen, und zwar unabhängig davon, ob die Erschließungsanlagen nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähig sind. Dies schließe es aus, allein schon wegen der Überbürdung von Fremdanliegerkosten die vertraglichen Leistungen als nicht angemessen i. S. von § 124 III 1 BauGB anzusehen. Ob Letzteres der Fall sei, könne nur unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des konkreten Vertrages beurteilt werden. Da es im Streitfall an den hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlte, hat das BVerwG die Sache an das OVGzurückverwiesen. (BVerwG, Urt. v. 10. 8. 2011 – 9 C 6/10)

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