Tätigkeit als Vereinsmitglied in einem Yoga-Zentrum als Arbeitsverhältnis?

Am 25.04.2023 entschied das BAG auf Arbeitnehmerstatus und Mindestlohn und sah keine Religionsgemeinschaft.

Sachverhalt und Verfahrensgang
Über Jahre verrichtete eine Volljuristin mindestens 42 Wochenstunden Dienste in einem als Verein eingetragenen Yoga-Zentrum. Sie bekam dort zwar eine Weihe zur Yoga-Priesterin, aber kein Gehalt. Das wird sich nun ändern: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Arbeitnehmereigenschaft der Frau festgestellt, der Verein muss ihr jetzt entsprechend Gehalt nachträglich zahlen.
Geklagt hatte die Volljuristin gegen den Verein auf Zahlung des Mindestlohns. Sie hatte rund acht Jahre in dem Yoga-Zentrum "Yoga Vidya e.V." (Yoga Vidya) in Horn-Bad Meinberg, einem kleinen Ort in Ostwestfalen-Lippe, gemeinsam mit etwa 200 anderen Menschen nach alter indischer religiöser Ashram- und Klostertradition gelebt und gearbeitet und dafür lediglich ein Taschengeld bekommen.
Das Arbeitsgericht (AG) Detmold hatte der Klage zunächst stattgegeben (Urt. v. 15. 10.2021, Az. 3 Ca 732/20), das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hingegen hatte sie vollständig abgewiesen (Urt. v. 17.05.2022, Az. 6 Sa 1249/21). Das BAG hat nun die Arbeitnehmereigenschaft der klagenden Frau festgestellt und den Fall zurückverwiesen. Das LAG muss nun die genaue Höhe des Anspruchs ermitteln.
In dem Vertrag der klagenden Frau über die Mitarbeit als Sevaka-Mitglied war ihre Seva-Zeit mit 42 Stunden wöchentlich festgelegt. Die Volljuristin nahm in den folgenden Jahren unterschiedliche Aufgaben wahr, plante Unterricht und Seminare und arbeitete im Team Social Media/Onlinemarketing mit, dessen Leitung sie später übernahm. Nach verschiedenen Ausbildungen wurde sie zur Priesterin geweiht und war befugt, Rituale durchzuführen.

Keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft
Rein juristisch betrachtet hätte es noch einen anderen möglichen Grund gegeben, den Vertrag zwischen dem Yoga-Zentrum und der Frau nicht als Arbeitsvertrag zu qualifizieren: Liegt eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft vor, hätte das für den Verein noch einen Ausschluss der Arbeitnehmereigenschaft bedeuten können. Dann nämlich können Gemeinschaften wie das Yoga-Zentrum Verträge schließen, die zwar Inhalte und Merkmale von typischen Arbeitsverträgen aufweisen, aber gleichwohl keine sein müssen. So sind zum Beispiel Mönche bei ihrer Tätigkeit in ihrem eigenen Kloster keine Arbeitnehmer. Auch Rote-Kreuz-Schwestern einer DRK-Schwesternschaft zählen deshalb rechtlich nicht zu Arbeitnehmerinnen (BAG, Beschl. v. 21.02.2017, Az. 1 ABR 62/12). Die Annahme einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft hätte nämlich vorausgesetzt, dass die Mitglieder ein eigenes System und eine eigene Weltdeutung entwickelt haben. Das beklagte Yoga Vidya und sein Angebot aber bezögen sich auf eine Vielzahl von Religionen, so das BAG weiter. Der Verein überlasse es damit den Mitgliedern, welcher konkreten Religion sie angehören und welche sie praktizieren wollen. "Es ist eine spirituelle Gemeinschaft, die viele Glaubensrichtungen zulässt", fasst Saskia Klug, stellvertretende Pressesprecherin am BAG, zusammen. Damit greift die Ausnahme für den beklagten Yoga-Verein nicht (BAG, Urt. v. 25.04.2023, Az. 9 AZR 254/22).

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