Keine fristlose Kündigung bei Verzehr von Brotaufstrich!

Das LAG Hamm entschied am 18.9.2009, dass der einmalige Verzehr von Brotaufstrich keine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Wer in einer Bäckerei arbeitet und ein (gekauftes) Brötchen mit einem Brotaufstrich des Arbeitgebers belegt, muss in der Regel nicht mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Zwar kann grds. auch der Diebstahl von geringwertigen Gegenständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Beim einmaligen Verzehr eines Brotaufstrichs ist es dem Arbeitgeber aber regelmäßig zumutbar, den Arbeitnehmer zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen.

Der Kläger ist seit Mitte 2007 bei dem beklagten Bäckereiunternehmen beschäftigt. Er ist Mitglied des beim Beklagten gebildeten Betriebsrats. Im September 2008 bestrich er ein zuvor von ihm gekauftes Brötchen mit einem Hirtenfladenbelag aus der Produktion des Beklagten. Als der Beklagte hiervon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Zustimmung des Betriebsrats fristlos. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass er den Hirtenfladenbelag nur habe abschmecken wollen.

Das ArbG gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht wirksam gekündigt.

Da der Kläger Betriebsratsmitglied war, kam gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG von vornherein nur eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Diese setzt gem. § 626 Abs. 1 BGB voraus, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Zwar kann grds. auch der Diebstahl von geringwertigen Gegenständen, die dem Arbeitgeber gehören, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Erforderlich ist jedoch eine umfassende Abwägung der Interessen der Parteien. Diese ging im Streitfall zugunsten des Klägers aus. Dabei konnte offenbleiben, ob der Kläger den Brotaufstrich tatsächlich nur probieren wollte. Da der Brotaufstrich – anders als der Beklagte bei der Kündigung noch glaubte – weniger als zehn Cent wert war, war es dem Beklagten jedenfalls zumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen.

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