BAG (26.8.2009) zu Sanierungstarifverträgen bei Betriebsübergang

Die vergleichsweise schlechteren Arbeitsbedingungen eines Sanierungstarifvertrags gelten gem. § 613a Abs.1 Satz 2 BGB auch nach einem Betriebsübergang weiter. Weder die tarifschließende Gewerkschaft noch die Arbeitnehmer können einen Sanierungstarifvertrag gegenüber einem nicht tarifgebundenen Betriebserwerber wirksam kündigen.


Der Kläger war bei der H. GmbH beschäftigt. Beide Arbeitsvertragsparteien waren tarifgebunden. Nachdem über das Vermögen der H. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, schloss der Insolvenzverwalter mit der zuständigen Gewerkschaft im Mai 2005 einen Sanierungstarifvertrag. Dieser sah u.a. eine längere Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und eine Lohnkürzung vor.

Zum 1.7.2006 erwarb die nicht tarifgebundene Beklagte den Betrieb. Daraufhin kündigte die Gewerkschaft ihr gegenüber den Sanierungstarifvertrag. Der Kläger "genehmigte" diese Kündigung und erklärte hilfsweise die Kündigung aller "kollektiven und individuellen Vereinbarungen, die … anlässlich des Sanierungstarifvertrags getroffen worden waren“.

Mit seiner Klage verlangte der Kläger von der Beklagten die Zahlung des Differenzbetrags zwischen der "normalen" tariflichen Vergütung und der Vergütung nach Maßgabe des Sanierungstarifvertrags. Er machte geltend, dass die Beklagte den Sanierungstarifvertrag nach dem Betriebsübergang schon wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht mehr hätte anwenden dürfen. Jedenfalls sei der Sanierungstarifvertrag wirksam gekündigt worden.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.


Der Kläger hat gegen die Beklagte keine weiteren Vergütungsansprüche. Für das Arbeitsverhältnis war nach dem Betriebsübergang weiterhin der Sanierungstarifvertrag mit seinen vergleichsweise schlechteren Vergütungsregelungen anwendbar. Rechtsgrundlage hierfür ist § 613a Abs.1 Satz 2 BGB, wonach im Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf das Arbeitsverhältnis anwendbare tarifliche Regelungen Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber werden.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Geschäftsgrundlage für die in § 613a Abs.1 Satz 2 BGB geregelte Transformation der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten ist allein die normative Geltung der Tarifregelungen im Arbeitsverhältnis vor dem Betriebsübergang. Daher ist es unerheblich, ob ein Betriebsübergang zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage für den Sanierungstarifvertrag führt.

Der Sanierungstarifvertrag ist auch nicht im Verhältnis zur Beklagten wirksam gekündigt worden. Die Kündigung durch die Gewerkschaft ging ins Leere, da die nicht tarifgebundene Beklagte durch den Betriebsübergang nicht Partei des Sanierungstarifvertrags geworden ist. Auch der Kläger hat den Sanierungstarifvertrag nicht wirksam gekündigt. Ihm stand kein auf die Regelungen des Sanierungstarifvertrags bezogenes Teilkündigungsrecht zu.

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