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Rechtsschutzverbesserungen im Zivilprozess beschlossen

Der Bundestag hat am 7. 7. 2011 das Gesetz zur Einführung eines Rechtsmittels gegen Zurückweisungsbeschlüsse von Berufungsgerichten beschlossen. Der Rechtsschutz im Zivilprozess wird ausgebaut. In Zukunft findet in der Berufungsinstanz häufiger eine mündliche Verhandlung statt. Die mündliche Verhandlung ist das Herzstück im Prozess, hier können die Beteiligten ihren Standpunkt offen mit den Richtern diskutieren. Gerade im Berufungsverfahren wurden viele Fälle bislang schriftlich entschieden. Das neue Gesetz stellt sicher, dass die Richter über alle wichtigen Fälle mit den Beteiligten persönlich reden. Die Richter dürfen nur noch durch schriftlichen Beschluss entscheiden, wenn die Berufung offensichtlich aussichtslos ist.

Mit der Reform wird auch ein neues Rechtsmittel eingeführt. Bisher konnten die Berufungsgerichte bestimmte Fälle unabhängig vom Streitwert durch unanfechtbaren Beschluss entscheiden. Dann war in der zweiten Instanz Schluss, ohne dass es weitere Rechtsmittel gab, selbst wenn es um große Summen ging. Damit ist jetzt Schluss. Der effektive Rechtsschutz darf nicht für Kosteneinsparungen geopfert werden. Künftig unterliegt die Rechtsprechung der Berufungsgerichte für Streitwerte ab 20 000 Euro der höchstrichterlichen Kontrolle.

Die Reform beseitigt regionale Unterschiede im Rechtsschutz. Bisher wurde von Gericht zu Gericht sehr unterschiedlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Berufungen durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Während in bestimmten Gerichtsbezirken mehr als jede vierte Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückgewiesen wurde, war es in anderen Regionen nicht einmal jede zehnte. Mit dem neuen Gesetz wirken sich die regionalen Unterschiede nicht mehr aus. Künftig gibt es die gleichen Rechtsmittel, egal ob die Entscheidung durch Urteil oder Beschluss ergeht. Der Gerichtsort entscheidet nicht mehr über die Qualität des Rechtsschutzes.

Zum Hintergrund
Berufungsgerichte sind derzeit nach § 522 II ZPO verpflichtet, die Berufung in klaren Fällen ohne mündliche Verhandlung und ohne weitere Anfechtungsmöglichkeiten zurückweisen. Die von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vorgeschlagene und am 7. 7. 2011 vom Deutschen Bundestag beschlossene Neuregelung stärkt die mündliche Verhandlung und baut den Rechtsschutz aus:

Künftig muss auch im Berufungsverfahren immer mündlich verhandelt werden, wenn die mündliche Erörterung des Rechtsstreits geboten erscheint – z. B. wegen existenzieller Bedeutung des Rechtsstreits für eine Partei –, selbst wenn die Sache aussichtslos erscheint und keine Grundsatzbedeutung hat.


Die Schwelle für eine Prozessbeendigung durch unanfechtbaren Beschluss wird heraufgesetzt. Künftig kann dies nur noch geschehen, wenn die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, während bislang Offensichtlichkeit nicht gefordert wurde.


Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde wird eingeführt. Selbst wenn eine Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen wird, kann dagegen künftig ab einer Beschwer von 20 000 Euro Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden. Damit werden Zurückweisungsbeschlüsse unter den gleichen Voraussetzungen wie heute schon Berufungsurteile anfechtbar. Damit werden zugleich regionale Unterschiede im Rechtsschutz beseitigt.


Das vom Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung beschlossene Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.

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