Corona - Schließung von Ladengeschäften, Fitnessstudios, Kinos etc. und Verkürzung der Öffnungszeiten von Gaststätten
Nachdem die Landesregierung von Bayern und Baden-Württemberg nicht nur die Schließung zahlreicher Einzelhandelsgeschäfte, sondern auch die Öffnungszeiten von Gaststätten bis zum 19. April 2020 stark eingeschränkt hat, stellt sich für viele Inhaber die Frage, ob weiterhin Miete und Pacht für die nicht im Eigentum stehenden Räumlichkeiten zu leisten.
Eine einheitliche Antwort kann hierauf leider nicht gegeben werden, da dies von der vertraglichen Ausgestaltung abhängig ist. Grundsätzlich ist der Mieter oder Pächter auch weiterhin zur vollen Leistung der Miete oder Pacht verpflichtet, da ihm die vom Vermieter bzw. Verpächter überlassenen Räumlichkeiten auch weiterhin zur freien Verfügung stehen.
Da die Tauglichkeit der Mietsache nicht durch einen Mangel an der Mietsache d.h. den Räumlichkeiten selbst eingeschränkt ist, sondern von außen rührt, begründet diese Einschränkung zunächst auch kein Mietminderungsrecht. Es lässt sich eine Miet- bzw. Pachtminderung aber durchaus mit dem Argument vertreten, dass der mit der Überlassung verfolgte Betriebszweck nicht erreicht werden kann, so dass entsprechend die Miete gemindert wird. Gerade bei Gaststätten kann aber eingewandt werden, dass diese zu eingeschränkten Öffnungszeiten weiterhin Speisen und Getränke anbieten dürfen. Letztlich ist für die Beurteilung der Einschränkung durch das behördliche Verbot aber maßgeblich, wer nach der vertraglichen Ausgestaltung das Betriebsrisiko des Miet- oder Pachtgegenstands tragen soll.
Eventuell könnte es sich bei der beschriebenen Konstellation in Einzelfällen um einen Anwendungsfall des in der Rechtsordnung bekannten Instituts des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ handeln. Ein solcher Wegfall der Geschäftsgrundlage kann angenommen werden, wenn sich die Umstände im Laufe eines Vertragsverhältnisses so dramatisch ändern, dass der Vertrag in der ursprünglichen Form keinen Sinn mehr ergibt und die Parteien, hätten sie das Ereignis vorausgesehen, den Vertrag anders geschlossen hätten. Es kommt demnach darauf an, ob die Parteien einen anderen Vertrag geschlossen hätten und ob dem Mieter bzw. Pächter das Festhalten am Vertrag in der derzeitigen Ausgestaltung unzumutbar ist. Die Rechtsprechung hat hierbei betont, dass die Einschätzung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Mieters oder Pächters fällt.
Gegen die Anpassung im Hinblick auf eine Miet- bzw. Pachtminderung spricht es, wenn der Mieter oder Pächter einen umsatzunabhängigen Festpreis bezahlen muss, weil dann deutlich wird, dass die Gegenseite die Miete bzw. Pacht erfolgsunabhängig verlangen kann und gerade kein Interesse am betrieblichen Erfolg oder Misserfolg hat und somit das Betriebsrisiko auf den Mieter oder Pächter verlagert werden soll. Gleiches gilt für eine Vertragsanpassung im Hinblick auf eine Abänderung hinsichtlich der Einräumung einer Stundung, wenn der Vermieter bzw. Verpächter im Vertrag durch ein Sonderkündigungsrecht bei ausbleibenden Zahlungen hinreichend deutlich gemacht hat, dass er hieran kein Interesse hat.
Bei Gaststätten stellte sich darüber hinaus die Frage, ob sie weiterhin zum Öffnen verpflichtet sind. Soweit in den Miet- oder Pachtverträgen eine Betriebspflicht vereinbart ist, kommt es zunächst darauf an, ob der Betrieb des Geschäfts die Verordnung vollständig untersagt wurde, oder ob er auch weiterhin zumindest teilweise aufrechterhalten werden kann. Nur bei einer vollständigen Untersagung ist der Mieter bzw. Pächter von der Pflicht befreit, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Sollte eine Betriebspflicht weiterhin bestehen, kann auch hier im Einzelfall eine Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Hier dürfte es darauf ankommen, ob die Miete oder Pacht umsatzabhängig zu leisten sind. Ist dies der Fall, kann zugunsten des Vermieters oder Verpächters angenommen werden, dass er bereits am Betriebsrisiko beteiligt und eine weitere Vertragsanpassung nicht erforderlich ist.
Im Hinblick auf die derzeitige Situation kann Mietern und Pächtern nur empfohlen werden, das Gespräch mit ihren Vertragspartnern aufzunehmen, um durch eine einvernehmliche Lösung die Auswirkungen der Krise zu überwinden. Nicht empfohlen wird einseitig ohne Rücksprache Leistungen zurückzuhalten oder zu kürzen, da dies zu einer Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses führen kann. Umgekehrt kann ein Entgegenkommen des Vermieters oder Verpächters dazu beitragen, einen vollständigen Zahlungsausfall zu verhindern.